Abstrakt:
Die Bildbeigaben der katholischen Leichenpredigten für die kirchlichen
Aristokratie sind sehr einfach, vor allem im Vergleich zu den fürstlichen Funeralwerken
protestantischer Höfe der Frühen Neuzeit. Das Titelkupfer fehlt ganz, die Ausschmückung
beschränkt sich auf die schlichteren Vignetten von Todessymbolik, Memento mori und
Vanitas (die Variationen von dem Schädel mit dem Stundenglas, mit den erloschenen,
zerbrochenen Kerzen und Fackeln u.s.w.). Auβergewöhnlich, vor allem in den
Leichenpredigten für die Reichsfürstbischöfe (z. B. Mainz, Würzburg), sind die
ganzseitigen Kupferstiche beigefügt, die vor allem die Darstellung der aufgebahrten Leiche
und Castrum doloris vorstellen.
Die Leichenpredigt für den Kurfürst Johann Hugo von Orsbeck (1634-1711) stellt
eine spezifische Ausnahme vor: sie beinhaltet nicht nur die Darstellung der aufgebahrten
Leiche, sondern auch die weiteren sieben Bilder, die im Ablauf der Predigt ausgebreitet
sind. Die Bilder und der Text bilden eine emblematische Einheit: der Prediger erklärt im
Text den Sinn der Abbildung (Imago), zitiert das lateinische Lemma, übersetzt es in den
deutschen Versen und dokumentiert die Aussage des Bildes durch die konkreten Angaben
aus dem Leben und den Tugenden des verstorbenen Kurfürsten. Die Leichenpredigt
spiegelt die emblematische Ausstattung der Leichenfeier, in der die Bild- und
Textelementen eine Trauerapparat als Gesamtkunstwerk gebildet haben.