xmlui.ArtifactBrowser.SimpleSearch.filter.eventInterkulturelle und transkulturelle Dimension im linguistischen, kulturellen und historischen Kontext (4-5 October 2013, Pardubice, Czech Republic)
Abstract:
Die Verbrennung des böhmischen Gelehrten und Reformators Jan Hus als Häretiker am 6. Juli
1415 am Konzil zu Konstanz führte ab den 20er Jahren des 15. Jahrhunderts zu enormen
kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Hussiten und Katholiken, die ganz Zentraleuropa erfassten. Jan Hus und seine Nachfolger wurden am Konzil und in der Folge zu absoluten Feindfiguren der Christenheit stilisiert. Dem Krieg der Waffen ging ein „Krieg der Wörter“ (Wertheimer 2003) voraus. Sprachlich stand dabei eine gewisse Metapher im Mittelpunkt, die mit dem Namen tschechisch Hus = deutsch ‚Gans‘ spielte: Der Feuertod des Jan Hus wurde sarkastisch als „Braten der Gans“, die kriegerische Verfolgung der Hussiten als „Rupfen“ und „Braten der Gänslein“ dargestellt. Durch die Animalisierung der Gegner wurden die Grausamkeiten gegen sie verharmlost und zynisch gerechtfertigt. Die in Konstanz agitierenden und an Kriegshandlungen beteiligten Dichter Muskatblüt, Konrad Attinger und Oswald von Wolkenstein hatten wesentlichen Anteil an der Konstituierung der Feindbilder und
der publizistischen Hetze, wobei vor allem bei Oswald der Verdacht naheliegt, dass seine
poetisch-agitatorische Tätigkeit nicht frei von Eigennutz war. Als Diener des Königs Sigismund
kam ihm möglicherweise einige Bedeutung zu, als Hus unter Missachtung des königlichen Geleits seinem Schicksal überlassen wurde.